Manfred Sim Toppel für bazaar
Der Buddhismus sagt es schon lange, seit mindestens 5'000 Jahren, was die wissenschaftliche
Forschung während Experimenten im Nanobereich seit kurzem auch herausgefunden
hat: Wir beeinflussen die Umwelt und die Umwelt uns.
Und unbewusst wissen wir das alle. Wer schon mal mit dem ÖV unterwegs
war – was so ziemlich alle von uns mindestens einmal im Leben gemacht haben
dürften – hat das bestimmt auch schon erlebt. Wir sind beispielsweise in
fantastischer Laune, weil wir beim Koffein-Dealer unserer Wahl aussergewöhnlich
schnell an die Reihe kamen und uns deshalb der White
Caffè Mocha mit Sojamilch heute besonders gut
schmeckt. Vielleicht sind wir aber einfach nur happy, weil wir wider Erwarten
einen Sitzplatz ergattern konnten. Nun, jedenfalls strahlen wir wie ein
Maikäfer und sind guter Dinge. Wetten, dass die Chancen gut stehen, dass wir
bis zu unserer Ankunft mindestens eine kleine, aber feine und schöne Begegnung
mit anderen Pendlern haben werden? Wetten, dass wir mit unserer guten Laune
auch andere Mitmenschen anstecken werden, egal, ob es im ÖV oder am Arbeitsplatz
ist? Ja, wir beeinflussen unsere Umwelt. Actio und reactio wird das genannt. Natürlich
gilt auch das Gegenteil. Wenn wir schlecht drauf sind, nehmen wir genau so
Einfluss und verbreiten wellenförmige Kreise schlechter Stimmung. Stichwort:
Schlecht gelaunte Chefs.
Vor wenigen Tagen hatte ich während eines Tierkommunikator-Kurses ein
sehr eindrückliches Erlebnis, wie man seine Umwelt und selbstverständlich auch
sich selbst massgeblich mitbeeinflussen kann. Zu Beginn des Kurses, an dem etwa
30 Personen teilnahmen, die auf Stühlen in einem grossen Kreis sassen,
herrschte in dem luftigen Tagungsraum eine Stimmung wie in einem Bienenstock
kurz vor dem ersten Ausflug im Frühling. Emsiges Gewusel, Schwatzen, in den
Taschen kramen, Unterlagen vorbereiten, scheue Blicke durch den Raum. Die
nervöse Angespanntheit mit so vielen neuen und unbekannten Menschen in einem
Raum zu sein war förmlich mit den Händen greifbar. Eine Teilnehmerin hatte
ihren grossen Hund mitgenommen. Er hechelte leicht, schlug mit seinem Schwanz
elektrisiert hin und her, tänzelte unruhig an der Leine und schaute nervös im
Kreis umher. Als kurze Zeit später die Kursleiterin mit ihren drei grossen Hunden
den Raum betrat, brach erst mal die Hölle aus. Der Hund der Kursteilnehmerin
(Juno) begann – stellvertretend für die Menschen – laut zu bellen und die
Anspannung im Raum stieg noch einen Zacken höher. Aber die Kursleiterin hatte
die Situation von Anfang an im Griff. Sie führte ihr Hunde wieder aus dem Raum
und begann mit uns und Juno ruhig zu reden. Nach einigen einleitenden Worten
holte sie ihre Hunde, einen nach dem anderen in den Raum zurück und führte sie
in weitem Bogen um Juno herum. So, dass er sich mitnichten bedroht fühlen
musste. Dann forderte sie uns zur ersten Kursübung auf. Doch zuvor gab sie uns
das Bild der Schneekugel mit auf den (Kurs-)Weg: «Könnt Ihr Euch bitte so
bewegen, dass die Schneeflöckchen nicht vom Boden aufgewirbelt werden?» Die
meisten Kursteilnehmer und Kursteilnehmerinnen lachten oder mussten zumindest
grinsen. Aber, jede und jeder gab sich grosse Mühe und bewegte sich ruhig, aufmerksam
und konzentriert. Und das hatte Wirkung: Im Nu verbreitete sich eine friedliche
und entspannte Stimmung. Auch Juno und die anderen Hunde kamen zur Ruhe und
legten sich ganz relaxed in ihre Körbchen und auf ihre Hundedecke. Die Schneeflöckchen
blieben liegen. Alle Kursteilnehmer waren bereit für Neues. Dieser Schneeflöckchen-Satz
beeinflusste uns und wir beeinflussten unsere Umwelt, die Hunde und uns.
Seither bewege ich mich um meine Katzen herum anders als zuvor.
Irgendwie bewusster und aufmerksamer. Und auch sie reagieren auf dieses neue
Verhalten, in dem sie ruhiger und gelassener sind und (noch!) länger schlafen… ;-))
Jedenfalls passt die neuste Musik von Chris Walla, einem Künstler,
Produzenten und DJ aus Seattle, USA,
hervorragend zu diesem (ruhigen) Schneeflöckchen-Bewusstsein und
natürlich auch zum herrschenden und entschleunigenden Wintertreiben. Ich
wünsche Ihnen viele besinnliche Minuten mit beidem.
Eine Frage zum Schluss: Sind Sie sicher, dass Sie ganz bei sich selbst
sind?
Manfred Sim Toppel ist Bassist, Songschreiber und Bandcoach aus Zürich